Mitarbeitende erzählen

Und jetzt werde ich Elektroinstallateur mit EFZ

6 Minuten Lesedauer
Robert Beaton, genannt Bobby, ist Kanadier, 39 Jahre alt, verheiratet und Vater von drei Kindern. Als junger Mann arbeitete er im Sommer als Strassenbauer, im Gartenbau und im Kletterpark. Im Winter ging er seiner grossen Leidenschaft, dem Skifahren, nach. Er war als Skilehrer in Kanada, Japan, Neuseeland und der Schweiz unterwegs, nahm an internationalen Freestyle- und Freeride-Wettkämpfen teil und gründete eine Skischule in Engelberg. Danach war Bobby elf Jahre am Flughafen Zürich tätig und hat sich vom Rampentechniker zum Safety Manager hochgearbeitet. Jetzt macht er endlich das, was er schon lange tun will: eine Lehre zum Elektroinstallateur EFZ.

Bobby, wie kommt es, dass du als gebürtiger Kanadier in der Schweiz lebst und arbeitest?

Das liegt an meiner Schweizer Frau, die ich 2004 in Neuseeland kennen und lieben gelernt habe, als ich dort Skilehrer war. Sie war es dann auch, die mich 2004 dazu motiviert hat, in die Schweiz zu kommen. Damals habe ich im Winter in Verbier Skiunterricht gegeben und im Sommer in Feldbach im Gartenbau gearbeitet. 2007 haben wir geheiratet, 2008 habe ich am Flughafen Zürich eine Stelle als Rampentechniker angenommen und im Laufe der Jahre bin ich Vater von einem Jungen und zwei Mädchen geworden.

«Dass in vielen Jobanzeigen eine Grundausbildung als Elektroinstallateur EFZ vorausgesetzt wird, hat meinen Entschluss, diese Ausbildung zu machen, noch verstärkt.»
Robert Beaton, Lernender Elektroinstallateur EFZ

Und jetzt bist du 39 und im ersten Lehrjahr. Wie hat sich das ergeben?

Bereits als ich 2004 in die Schweiz gekommen bin, hätte ich gerne eine Lehre gemacht. Aber meine Deutschkenntnisse waren damals einfach zu schlecht. Die Arbeit am Flughafen war okay, ich konnte mich weiterentwickeln, aber das war nichts für die nächsten 30 Jahre. Ich bin immer noch überzeugt, dass man in der Schweiz eine Ausbildung mit EFZ-Abschluss braucht, um weiterzukommen. Und die Elektrotechnik hat mich schon interessiert, als ich noch in Kanada als Strassenbauer gearbeitet habe. Dass in vielen Jobanzeigen eine Grundausbildung als Elektroinstallateur EFZ vorausgesetzt wird, hat meinen Entschluss, diese Ausbildung zu machen, noch verstärkt.

«Das duale Bildungssystem in der Schweiz ist eines der besten, wenn nicht das beste auf der Welt.»
Robert Beaton, Lernender Elektroinstallateur EFZ

Inwiefern unterscheidet sich das Bildungssystem in der Schweiz von dem in Kanada?

In Kanada geht man zur Schule (High School), bis man 18 Jahre alt ist. Dann kann man eine Art Lehre machen, für deren Abschluss man ca. 6000 Stunden praktisch arbeiten, 3 x 3 Wochen eine Schule besuchen und dann eine Prüfung ablegen muss. Das Niveau der Ausbildung kann definitiv nicht mit dem in der Schweiz verglichen werden. Hier ist es üblich, im Alter von 16 Jahren eine Lehre anzufangen und der Stellenwert dieser Ausbildung ist sehr hoch. Kürzlich war ich drei Wochen in einem ÜK (Überbetrieblichen Kurs) in Effretikon und fand den Unterricht wirklich gut. Das duale Bildungssystem in der Schweiz ist eines der besten, wenn nicht das beste auf der Welt.

War es leicht, einen Ausbildungsplatz zu finden und wie schaffst du es, mit einem Lehrlingslohn deine Familie zu ernähren?

Ich habe meine Arbeitssuche im Januar 2020 begonnen. Trotz der beginnenden Pandemie-Einschränkungen bin ich gleich zu einigen Bewerbungsgesprächen eingeladen worden. Wahrscheinlich hat auch der Mangel an motivierten Handwerkern meine Suche erleichtert. Und natürlich war mir klar, dass ich als Familienvater mit einem Lehrlingslohn nicht weit komme. Aber die Firma Oberholzer war bereit, meine bisherigen Arbeitserfahrungen anzurechnen und hat erkannt, dass man in meinem Alter mehr Verantwortung übernehmen kann. Mein Lohn liegt daher über dem üblichen Lehrlingslohn und es profitieren beide Seiten von dieser Lösung.

Robert bringt technisches Verständnis, handwerkliches Geschick und eine schnelle Auffassungsgabe mit. Und da er bereits viele Jahre in anderen Berufen gearbeitet hat, verfügt er über praktische Arbeitserfahrungen und ein breites Wissen. Es ist nie zu spät, um einen Beruf aus der Elektrotechnik zu erlernen.

Was sagen deine Frau und deine Kinder zu deiner Entscheidung?

Meine Frau hat Verständnis für meine Situation. Ihr ist aufgefallen, dass meine Motivation für die Arbeit am Flughafen nachgelassen hat und mir der Job nicht mehr so viel Freude bereitet hat, wie auch schon. Meine Kinder hören gerne Geschichten aus meinem Berufs- und Schulalltag. Die Witze darüber, dass ich ein Lehrling bin, beginnen langsam nachzulassen. Mein Ältester plant in drei Jahren selbst mit einer Lehre zu beginnen. Es wäre sogar möglich, dass wir in derselben Schule sind. Ich bin mir nicht sicher, ob er das cool finden würde.

«Solange ich den Backflip auf den Ski noch machen kann, fühle ich mich auch jung genug für eine Lehre.»
Bobby Beaton, Lernender Elektroinstallateur EFZ

Warum hast du dich dazu entschlossen, deine Lehre bei der Oberholzer AG zu machen?

Die Gespräche mit dem Abteilungsleiter Guido Keller und dem Geschäftsführer Thomas Jörger waren sehr angenehm. Ich habe gespürt, dass hier ein guter Teamgeist herrscht und bin meinem Bauchgefühl gefolgt.

Seit deinem Lehrbeginn sind einige Monate vergangen. Haben sich deine Erwartungen bisher erfüllt?

Die Arbeit auf der Baustelle ist viel strenger als die am Flughafen, aber sehr spannend. Ich bin gut in das Team integriert und es herrscht ein angenehmes Arbeitsklima. Also ja, bisher haben sich meine Erwartungen erfüllt.

Wie läuft es in der Gewerbeschule? Und wie ist es, Mitschüler zu haben, die deine Kinder sein könnten?

Da mir ursprünglich eine Lehrstelle als Montage-Elektriker angeboten wurde, habe ich auch die entsprechende Schulklasse besucht. Aufgrund meiner guten Schulnoten konnte ich aber im Januar in die Elektroinstallateur-Klasse wechseln. Am Anfang haben sich die Mitschüler sicher gefragt, was dieser Vater hier macht. Und in den Pausen ist es nach wie vor oft schwierig, gemeinsame Themen zu finden, denn die Interessen von 16-Jährigen sind anders als meine. Aber es gibt noch einen 37-jährigen Mitschüler aus Afghanistan, der nach der Integrationsvorlehre mit der Lehre gestartet hat. Ich bin also nicht der einzige Exot. Die Klassen- und ÜK-Lehrer schätzen die Durchmischung sehr, denn ältere Schüler bringen eine gewisse Ruhe in die Klassen. Man spürt in der Schule, dass wir «Alten» dort sind, weil wir dort sein wollen und die Jungen, weil sie dort sein müssen.

Wie ist das mit dem Lernen in deinem Alter und hast du noch Prüfungsangst?

Am Anfang war ich wirklich besorgt, dass ich bei den Tests schlecht abschneiden würde. Jetzt weiss ich, was es braucht, um gute Noten zu schreiben. Ich lerne wahrscheinlich mehr als meine Klassenkameraden und es ist nicht immer einfach, neben der Familie noch Zeit für das Schulstudium zu finden. Prüfungsangst habe ich aber zum Glück keine mehr.

Was machst du, wenn du nicht gerade für die Gewerbeschule lernst oder auf der Baustelle Kabel einziehst und anschliesst?

Wenn ich frei habe, unternehme ich gerne etwas mit der Familie und Freunden. Oder ich fahre mit dem Mountainbike durchs Zürcher Oberland, am liebsten auf den Bachtel und den Pfannenstiel. Im Winter gehe ich nach wie vor gerne Skifahren, vor allem das Freeriden ist meine grosse Leidenschaft. Und solange ich den Backflip auf den Ski noch machen kann, fühle ich mich auch jung genug für eine Lehre.